Ist Moral überhaupt notwendig oder kommt man besser ohne sie aus. Nietzsche erklärt die Überflüssigkeit und Schädlichkeit zumindest der Sklavenmoral wortgewaltig in mehreren Schriften und Aphorismen.
Moralische Grundsätze und Regeln, Maximen und moralische Traditionen und Gepflogenheiten sind erst dann nötig, wenn etwas erwünscht ist, aber zugleich mit Unannehmlichkeiten verbunden wird.
Für Dinge, die ohne Weiteres angenehm sind, braucht man keine moralischen Regeln. Nur das Unangenehme, das aufgrund eines angestrebten höheren Gutes erforderlich ist, nur dieser unangenehme Zustand, die lästige und beschwerliche Handlung, die anstrengende Haltung, benötigt die Moral. Wir sollen etwas tun was wir von alleine, ohne den moralischen Grundsatz, nicht tun würden.
Gerechtfertigt ist die Anstrengung, die Mühsal der moralischen Handlung durch den aus ihr zugleich folgenden höherwertigen Effekt. Das Gut, das durch die moralische Handlung erreicht wird, sollte die Mühen und Leiden deutlich überragen. Es sollte entscheidend größer sein als die Beschwernis der moralischen Haltung.
Interessant wird es, wenn Last und Gewinn einer moralischen Handlung auf verschiedene Personen verteilt sind. Dann hat einer die Mühe, der andere den Genuss. Man sollte also fragen, bei wem der Nutzen der moralischen Handlung liegt und wer die Kosten und Mühen, die Beschwernisse und Leiden trägt. Zudem muss nach der Verhältnismäßigkeit gefragt werden. Übersteigt der Ertrag die Kosten deutlich und vorhersagbar sicher? Ist der Ertrag real, so wie die Kosten und Mühen real sind? Oder sind die Anstrengungen wirklich, der Nutzen für einen selbst dagegen imaginär?
Kommen in einer hierarchischen Kultur die Beschwernisse, die von den unteren Schichten getragen werden, nicht nur den höheren Schichten zugute, sondern profitieren alle von einer ungleichen Lastenverteilung und einer nach Rängen gegliederten Gruppe von Menschen?
Oder sind alle besser dran, wenn alle annähend gleiche Lasten und Pflichten und auch annähernd gleiche Erträge und Genüsse haben? Die Frage ist hier die eines nach Rängen gegliederten oder eines egalitären Zusammenlebens der Menschen.
Möglicherweise sind Mischformen beider Ordnungen, Mischungen aus Hierarchie und aus Gleichheit, am stabilsten. Aber was wird wo gemischt und für wen?