Es sind die jeweiligen, üblichen, bestehenden Gebote, Gesetze und anerkannten Maximen zu befolgen. Aber das mit Augenmaß, ohne Über- und Untertreibungen, weder mit Nachlässigkeit, noch überkorrekt, weder pharisäerhaft noch allzu lässig. Die Befolgung bewegt sich im Rahmen des Üblichen, des anerkanntermaßen Schicklichen und der guten Sitten. Hierbei werden die dem wirklichen, nicht dem angemaßten, Rang entsprechenden Regeln genommen. Diese am Rang orientierten Handlungsmaximen sind ein wesentlicher Unterschied zwischen der konservativen und einer egalitären, sozialdemokratischen Weltanschauung.
Das Bestehende hat, besonders wenn es schon lange da ist, den Vorteil der Bewährung. Bei Neuem muss es sich erst noch zeigen, ob es in der Wirklichkeit etwas taugt. Die Vernunft kann zwar leicht Vorstellungen produzieren und sich allerhand Veränderungen ausdenken, die dem Gedanken nach Vorteile versprechen. Nur die Wirklichkeit ist endlos komplexer und kann durch Vorstellen nur unvollständig und fehlerhaft erfasst werden. Und Neuerungen, die als Ideen Vorzüge gegenüber dem Wirklichen haben, können, wenn man sie denn überhaupt in der Wirklichkeit umsetzen kann, zu katastrophalen Verschlechterungen, verglichen mit dem Bisherigen, führen.
Wenn sich die Verhältnisse ändern und das Hergebrachte und die Tradition nicht mehr zu taugen scheinen, dann sollte ruhig in der Vergangenheit zunächst einmal nach bewährten, bisweilen fast vergessenen, Lösungen für ähnliche Probleme gesucht werden. Und wenn wirklich etwas Neues notwendig ist, dann ist es eine Frage der Klugheit, des Augenmaßes, dieses Neue behutsam, vorsichtig und in möglichst kleinen Schritten auszuprobieren und erst nach tatsächlichen Erfolgen in der Realität und nicht nur in der Vorstellung oder auf dem Papier, eine Verwirklichung im größeren Maßstab zu wagen.