gut

Es geht um Moral, um Begründung von Moral, also Ethik.

Wenn etwas unmittelbar angenehm ist, sind moralische Regeln nicht nötig.

Erst wenn die nahe liegende Handlung unangenehm ist, oder schwierig, mühsam, schmerzhaft, anstrengend usw., dann wird eine moralische Regel erforderlich. Diese Regel bewirkt im Allgemeinen, dass die unangenehme Handlung in Kauf genommen wird für ein höheres Gut, das mit ihr verbunden ist. Eine Unangenehme Handlung alleine für sich, ohne ein daraus folgendes Gut, ist moralisch nicht erstrebenswert. So ist auch „Leiden“ oder ein „Opfer“ ohne ein daraus erwachsendes höheres Gut sinnlos und verwerflich.

Es wird allerdings, durchaus und insbesondere in religiösen Systemen, ein „Opfer“ ohne Rücksicht auf ein höherwertiges Gut gefordert. Das ist vor allem dann hinterhältig, wenn die eigentlichen Profiteure der pseudomoralischen Handlung nicht genannt werden möchten. So wird man Opfer oder Leiden an sich für gut erklären, ohne das dadurch bewirkte Gut zu bedenken, wenn eine Pristerkaste oder irgendeine andere herrschende Gruppe davon profitieren, aber als Profiteure nicht klar erkannt werden wollen, meist aus Furcht vor berechtigter Rebellion.

Die moralische Handlung ist, ökonomisch formuliert, der Preis für den moralischen Gewinn. 

Das Gut ist weiter weg als die moralische Tat. Diese Entfernung kann zeitlich sein. Zunächst muss man als Schüler fleißig lernen, dann bekommt man gute Noten, einen guten Abschluss und den gewünschten Beruf. Der zeitliche Horizont in diesem Beispiel erstreckt sich über viele Jahre. 

Die Entfernung kann auch ein Nutzen für andere Menschen sein, die einem nicht so nahe sind, wie man selbst oder der engere Kreis der Familie, der Kollegen usw.. Z. B. verzichtet man auf das Ausgeben einer Summe und spendet das Geld für notleidende Menschen in einem fremden Land.

Man sieht, das Gut ist weiter weg, ist entfernter, als die moralische Handlung. Die Unannehmlichkeit ist näher, als der Gewinn. Das macht moralische Regeln überhaupt erst nötig und das macht die Befolgung moralischer Regeln auch häufig schwierig und führt letztlich nicht selten zur Missachtung der Regel, der unangenehmen Pflicht.

Wenn Last und Nutzen bei derselben Person liegen, ist die Sache einfacher. Die Ernte wird lediglich später eingefahren.

Komplexer ist es, wenn die Mühen bei dem Einen liegen, der Gewinn aber bei einem Anderen. Der, der die Beschwerlichkeiten hat, fährt nicht die Ernte ein. In der Erwerbswelt sieht es dann so aus, dass der eine die Arbeit hat und der andere den Ertrag der Arbeit genießt. Das ist der Fall schon bei einer schlichten Geldspende. Der Geber muss in der Regel für das Geld arbeiten, der Empfänger hat den Nutzen, den Ertrag der Arbeit. Wenn man jemandem selbst verdientes Geld schenkt oder spendet, arbeitet man mittelbar für ihn.

Die Frage in solchen Fällen ist, wem nützt diese moralische Regel? Cui bono?

Evolutionsbiologisch ist Moral, die nicht direkt die eigenen Gene fördert, von fraglichem Wert. Hier ist es aber auch entscheidend, wie die Einheit bestimmt wird, die einer Selektion unterliegt. Sind es nur Individuen und deren Erbgut (Gene), so ist altruistisches Verhalten gegen nicht verwandte Menschen schwer zu erklären. Sind es größere Menschengruppen und gesamte Naturzusammenhänge (z.B. das globale Ökosystem), die durch Moral einen Vorteil haben, so werden entsprechende Regeln eher verständlich und begründbar.

Von der moralischen Regel, die eine Person befolgt, profitiert ein größerer Zusammenhang, eine größere Einheit, deren Mitglied das moralische Individuum ist. Wer lediglich die Person, das Individuum und sein Genom als Einheit der Selektion betrachtet, kommt zu einer egoistischen Moral. Wer, wie der Autor, Selektion auf verschiedenen Ebenen betrachtet, kann den Vorteil moralischer Regeln für nicht egoistisches Verhalten gut erklären und evolutionsbiologisch begründen. So nutzen beispielsweise Familien, Stämme, Landsmannschaften, Nationen und transnationale Verbände bis hin zur gesamten Menschheit moralische Regeln.

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Ist Moral überhaupt notwendig oder kommt man besser ohne sie aus. Nietzsche erklärt die Überflüssigkeit und Schädlichkeit zumindest der Sklavenmoral wortgewaltig in mehreren Schriften und Aphorismen.

Moralische Grundsätze und Regeln, Maximen und moralische Traditionen und Gepflogenheiten sind erst dann nötig, wenn etwas erwünscht ist, aber zugleich mit Unannehmlichkeiten verbunden wird.

Für Dinge, die ohne Weiteres angenehm sind, braucht man keine moralischen Regeln. Nur das Unangenehme, das aufgrund eines angestrebten höheren Gutes erforderlich ist, nur dieser unangenehme Zustand, die lästige und beschwerliche Handlung, die anstrengende Haltung, benötigt die Moral. Wir sollen etwas tun was wir von alleine, ohne den moralischen Grundsatz, nicht tun würden.

Gerechtfertigt ist die Anstrengung, die Mühsal der moralischen Handlung durch den aus ihr zugleich folgenden höherwertigen Effekt. Das Gut, das durch die moralische Handlung erreicht wird, sollte die Mühen und Leiden deutlich überragen. Es sollte entscheidend größer sein als die Beschwernis der moralischen Haltung.

Interessant wird es, wenn Last und Gewinn einer moralischen Handlung auf verschiedene Personen verteilt sind. Dann hat einer die Mühe, der andere den Genuss. Man sollte also fragen, bei wem der Nutzen der moralischen Handlung liegt und wer die Kosten und Mühen, die Beschwernisse und Leiden trägt. Zudem muss nach der Verhältnismäßigkeit gefragt werden. Übersteigt der Ertrag die Kosten deutlich und vorhersagbar sicher? Ist der Ertrag real, so wie die Kosten und Mühen real sind? Oder sind die Anstrengungen wirklich, der Nutzen für einen selbst dagegen imaginär?

Kommen in einer hierarchischen Kultur die Beschwernisse, die von den unteren Schichten getragen werden, nicht nur den höheren Schichten zugute, sondern profitieren alle von einer ungleichen Lastenverteilung und einer nach Rängen gegliederten Gruppe von Menschen?

Oder sind alle besser dran, wenn alle annähend gleiche Lasten und Pflichten und auch annähernd gleiche Erträge und Genüsse haben? Die Frage ist hier die eines nach Rängen gegliederten oder eines egalitären Zusammenlebens der Menschen.

Möglicherweise sind Mischformen beider Ordnungen, Mischungen aus Hierarchie und  aus Gleichheit, am stabilsten. Aber was wird wo gemischt und für wen?