sittlichkeit

Sicher, die Gesetze sind zu befolgen, noch wichtiger ist, dass Recht geschieht, besonders wenn die Gesetze nicht mit diesem in Einklang sind. Aber noch schöner ist die Einhaltung moralischer und sittlicher Regeln. Und am schönsten ist das Schöne.

kinderglaube

Auch Kinder zweifeln bisweilen an religiösen, übernatürlichen Mythen. Aber der Glaube überwiegt. Und in der Erziehung werden mit der jeweiligen Religion, ihren Wunder- und Heilsgeschichten, Verhaltensnormen transportiert und eingeübt.

Wenn dann, häufig bei Jugendlichen, die Rebellion gegen die Welt der Erwachsenen folgt und die Geschichten der Religion in ihrer Zweifelhaftigkeit erscheinen und zudem am Verhalten der religiösen Autoritäten die Scheinheiligkeit und doppelte Moral gesehen wird, dann passiert etwas Verständliches, aber für die moralische Entwicklung junger Menschen gleichwohl Schädliches. Sie lehnen nicht nur die Mythen ab und den jeweiligen selbstgefälligen und verkommenen Klerus, sondern auch leider viele moralische Überlieferungen, die, für sich genommen, gut sind, und, hätten sie nicht das religiöse Drumherum, auch von jungen Menschen zweifelsohne als richtig empfunden werden könnten.

So leistet Religion mit ihrer Verquickung von unwahren Geschichten, von Mythen, mit guten moralischen Regeln in der Erziehung genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen möchte. Statt die Moral zu festigen und gar zu begründen, führt der Konnex von Mythos und Moral zu einer Ablehnung von beidem. Beides bekommt den Anschein des Falschen, obgleich ihn die Mythen in höherem Grade verdienen.

Und selbst die Mythen erleiden ihr Schicksal der Verwerfung durch junge Menschen zu Unrecht. Erfundene Geschichten, fiktionale Texte, religiöse Erzählungen sind in großen Teilen faktisch unwahr. Aber sie können dennoch mächtige Bilder erzeugen, zu wichtigen Interpretationen führen. Das alles aber unter der ausdrücklichen Berücksichtigung ihrer Fiktionalität.

Die Auferstehung Christi ist kein Tatsachenbericht, sondern eine großartige Phantasiegeschichte.

Vor Ostern 2009

zuverlässigkeit

Ethik kreist unter anderem um Zuverlässigkeit, die für Verhaltensnormen erreicht werden soll. Nicht von der jeweiligen Opportunität abhängig, sondern möglichst verlässlich soll moralisches Handeln sein.

Nur, wer weiß noch etwas von Moral und deren Theorie, der Ethik?

Anstrengungen werden vermieden, der sofortige Lustgewinn wird gesucht. In der Wirtschaft zielt man auf Effizienz in dem Sinne:

  • Maximaler Gewinn bei minimalem Einsatz
  • wenig arbeiten und möglichst viel dabei verdienen
  • seine Kunden und Zulieferer, ja alle wirtschaftlich mit einem verbundenen Menschen, zum eigenen Vorteil zu ge- und missbrauchen, ohne dass jemand einen Verdacht schöpft und etwas davon merkt
  • vielmehr geriert man sich nach außen als Wohltäter, zeigt dabei seinen wirklichen oder vorgespielten Erfolg und präsentiert sich in menschenfreundlichem Licht
Wann wachen die Anständigen auf, wann toleriert die Gemeinschaft nicht mehr das Schmarotzertum, wann müssen zur Strafe die wirklichen Asozialen einmal harte, lange und produktive (Zwangs- und Straf-) Arbeit leisten?

verdorben

Gute moralische Grundsätze der Religionen werden durch nicht überzeugende Glaubensinhalte verdorben. Anstatt Moral zu begründen, wie das häufig ins Feld geführt wurde, wird moralischem Verhalten innerhalb religiöser Traditionen der Boden entzogen durch metaphysische Annahmen, die für den stark wissenschaftlich geprägten Zeitgeist nicht nachvollziehbar sind.

Wo früher durch Religion ein Boden der Moralität geschaffen wurde, entzieht jene heute der Moral das Fundament.

ehrlich

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat die moralische Diskussion über das wirtschaftliche Handeln verstärkt. Von Gier als Laster, von Maßlosigkeit, von Egoismus wird gesprochen.

Traditionelle Werte führt man dagegen an: Bescheidenheit, Sparsamkeit, Redlichkeit.

Mir scheint das richtig. Zwei Probleme sehe ich jedoch:

Einmal wird jeder Gauner, je besser und größer er ist, desto mehr, sich als Ehrenmann allerhöchster Güte darstellen. Ja die Gaunerei funktioniert um so besser, je geschickter sich der Gauner als Tugendausbund zu tarnen versteht und dadurch das Vertrauen seiner Mitmenschen und Opfer zunächst gewinnen und daraufhin missbrauchen kann. Räuber und Diebe in Nadelstreifen.

Die zweite Aporie sind außer- und übermoralische Systemzwänge: Würde ein Wirtschaftsteilnehmer sich herausragend moralisch verhalten, liefe er Gefahr auszuscheiden, den Konkurrenzkampf zu verlieren. Bei Angestellten ist das genauso. Beispielsweise verzichtet ein Unternehmen bei der Auftragsaquise auf Korruption. Es bleibt anständig aber auch ohne Aufträge und scheidet bald aus dem Wirtschaftsleben aus. Oder ein Angestellter wehrt sich gegen unlautere Machenschaften und arbeitet redlich. Er wird zunächst nicht befördert, dann entlassen.

Was kann man daraus schließen? Moral braucht eine sehr breite Front. Moral braucht eine starke Öffentlichkeit und Transparenz. Dunkle Machenschaften müssen ans Licht. Und Moral braucht die Angst vor Strafe bei Zuwiederhandlung und eine harte und gerechte Strafverfolgung. Das Risiko für unmoralisches Verhalten muss deutlich größer sein, als das Risko moralischen Handelns.