wahrheit

Soll man prinzipiell die Wahrheit sagen? Oder sind Unwahrheiten bisweilen erlaubt?

Bertrand Russell hat dazu eine kleine Episode beschrieben. Er fragt darin, ob man den Jägern bei einer Fuchsjagd sagen sollte, in welche Richtung man den Fuchs hat laufen sehen.

Die Beantwortung dieser Frage hängt wohl von der jeweiligen Einstellung zur Fuchsjagd ab.

Irreführungen, Ablenkungen von der Wahrheit und schlichte Lügen dienen bestimmten Interessen. Sie nützen dem der lügt und schaden dem, der belogen wird. So könnte eine Lüge im obigen Beispiel dem Fuchs nützen und den Jägern schaden.

Das gilt um so mehr für gesellschaftliche Unwahrheiten, für kollektive Lügen, für Ideologien und Verblendungen. Hier muss gefragt werden, wer wird wie belogen und zu wessen Nutzen.

wahrheitsgrade

Von wissenschaftlichen Aussagen, gleichgültig ob naturwissenschaftlich oder geisteswissenschaftlich, wird erwartet, dass sie wahr sind.

Die anerkannten Lehren sollten richtig und wahrheitsgemäß sein. 

Betrachtet man diesen Wahrheitsanspruch genauer, so zeigen sich, eigentümlicher Weise, unterschiedliche Grade an Wahrheit, Richtigkeit und Stimmigkeit. Es sind keine dichotomen Urteile, also entweder ist eine Theorie wahr oder sie ist falsch, sondern es wird beispielsweise in der Medizin der Grad an Evidenz einer Theorie geschätzt. Oder man beurteilt die „Stärke“ einer Betrachtungsweise.

Auch dieses Urteil über den Grad an Wahrheit und die Grundlagen dieses Urteils selbst wiederum haben keine absolute Gültigkeit. Häufig wird die Theorie, nach der die Stärke einer Theorie geschätzt wird, selbst nicht bedacht und der Wahrheitsgrad dieser Grundlage der Wahrheitseinschätzung wird wiederum nicht bewertet.

Die oben angeführte Einschätzung dürfte als nicht so ganz ungewöhnlich empfunden werden. Weniger verbreitet ist demgegenüber wohl die Frage, ob, den Wahrheitsgraden entsprechend, auch Grade des Seins bestehen, also nicht die einfache Unterscheidung, ob etwas ist oder nicht, sondern die Frage, ob es etwas dazwischen „Gestuftes“ gibt zwischen Nichts und Sein.

In der Scholastik und weiter zurück in der klassischen griechischen Philosophie wurden „Seinsgrade“ bestimmt. Wie ist es jetzt in unserem wissenschaftlichen Weltverständnis?

wirklich

Über die Wirklichkeit äußern sich die Menschen durch Zeichen und Sprachen. Diese Zeichen beziehen sich auf reale und weniger reale Sachen.

Das reicht von den menschheits- und individualgeschichtlichen Anfängen des Sprechens bis zur höheren Mathematik und den Sprachen der Natur-, Gesellschafts- und Geisteswissenschaften.

Diese Zeichensysteme mit ihrem Bezug auf die Realität sind selbst wiederum ein Teil der Wirklichkeit.

Ein Dualismus, oder wie Popper vorschlägt, eine Teilung in drei Welten, erscheint nicht nötig. Es geht einfacher durch eine einzige Realität zu der Sprachen, Zeichen und auch Bewusstsein dazugehören. 

Das Absolute ist dann nicht so sehr und vorwiegend durch die Rede davon gegeben, sondern durch die gesamte Wirklichkeit zu der diese unterschiedlichen Reden vom Absoluten, vom Ganzen in den verschiedenen Religionen, Weltanschauungen und Wissenschaften selbst als winzige Teilmengen gehören.

Wer sich darüber ins Klare setzt wird bescheiden, tolerant und skeptisch.