glück

Es entsteht besonders durch das Meistern von Problemen. Im Überwinden von Widerständen finden die Menschen Genugtuung. Dabei üben und steigern sie ihre Kräfte und sind nachher noch Größerem gewachsen. Im Gesellschaftlichen, aus dem sich die Menschen weder lösen können, noch dürfen, ist das eigene Glück nicht direkt, sondern durch das Glück der Anderen zu erlangen, eine intentio obliqua.

So ist auch der pekuniäre Gewinn, nach dem unser Handeln strebt, nicht so gut direkt zu erzielen, wie durch das Bestreben, die Mitmenschen glücklich zu machen. Wer unglaublich gute Waren und Dienste offeriert, muss sich um sein Auskommen nicht sorgen.

zuhören

Zuhören ist um Vieles interessanter, als selbst vorzutragen. Zwar stammt der Topos über die Verfertigung der Gedanken beim Sprechen von Kleist und wir dürfen mit der richtigen Betrachtung dieses früh durch die eigene Hand aus dem Leben geschiedenen auch von der Schöpfung und Kreativität beim Selber-Hervorbringen der Rede ausgehen. Aber wer wirklich eine Verbindung zu Anderen herstellt und diese versteht, erfährt mehr Neues und selbst Unerfahrenes.

verständlich

Gute Schriftsteller wollen nicht bewundert, sondern verstanden werden. Ein gleich lautendes Nietzschezitat habe ich als Textbeispiel in einem Schreibprogramm für Mac OS X gelesen.

Peter Sloterdijk, eine bekennender Verehrer Nietzsches, sollte sich danach richten. Seine Wortaufspreizungen erzeugen möglicherweise Bewunderung bei einem philosophisch gebildeten Publikum. Sie führen aber weniger zum Verständnis neuer Inhalte. Wenn man ein Buch dieses Autors liest, kann man die Frage, was man daraus gelernt hat, kaum beantworten.

Wie anders schreiben Friedrich Nietzsche oder Karl Raimund Popper.

sucht

Was ist eine Sucht? Eine Sucht ist zunächst eine Gewohnheit von der man nicht leicht lassen kann. Sie ist gegenüber anderen Gewohnheit durch den Schaden, den sie anrichtet, gekennzeichnet. Dieser Schaden muss den Vorteil der Gewohnheit überwiegen.

Zumeist nimmt der Schaden im Laufe der Zeit bei einer Sucht zu. Und nicht wenige Arten der Sucht, wie Sexsucht, Drogensucht, Fresssucht oder Spielsucht, richten die Menschen zu Grunde. Eine Sucht lediglich als Angewohnheit zu charakterisieren, verkennt ihre schädliche Wirkung, ihren überwiegend negativen Charakter.

Das menschliche Leid, der Verlust an Würde durch Süchte ist unermesslich. Die Gleichgültigkeit, das gelassen Zuschauen unserer Gemeinschaft gegenüber Suchtverhalten, ist völlig unverständlich. Ein radikales Durchgreifen zugunsten der Süchtigen und gegen alle, die an der Sucht verdienen ist notwendig. Das gilt auch für den Alkoholismus.

arithmetik

Theologische Zahlentheorie erscheint unsinnig, denn Gott eine Zahl zuordnen zu wollen, entstammt menschlichen Verhältnissen, die unzulässig in die Rede von Gott übertragen werden.

Gott ist weder viele, noch einer, noch sind drei Personen, wie in der Trinitätslehre, in einem Gott zusammen.

All diese Reden des Polytheismus, des Monotheismus und der Dreieinigkeitslehre gehen an der Realität vorbei. In Wirklichkeit ist Gott jenseits einer Zählbarkeit. Theologische Arithmetik ergibt keinen Sinn.

sarcopenia

Sarkopenie des Alterns ist der zunehmende Muskelschwund während der Seneszenz.

Aufhalten lässt sich dieses Schwächerwerden durch Muskeltraining.

Aber auch Kalorienreduktion kompensiert den Muskelschwund. Dabei reicht eine mäßige calorie restriction von 8% schon aus, um den Muskelabbau zu bremsen. Überlicherweise wird bei der calorie restriction eine sehr ehrgeizige und oft undurchführbare Reduktion der Kalorienaufnahme um 30-40% empfohlen (1).

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1.    Marzetti E, Lawler JM, Hiona A, Manini T, Seo AY, Leeuwenburgh C. Modulation of age-induced apoptotic signaling and cellular remodeling by exercise and calorie restriction in skeletal muscle. Free Radical Biology and Medicine 44 (2): 160-168, 2008.

staatsbürger

Der Staat und die Gesellschaft fahren gegen die Wand. Bedingt ist der Crashkurs durch

  1. die viel zu niedrige Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung und
  2. die noch viel niedrigere Geburtenrate der leistungsfähigen und intelligenten Frauen. Diese Frauen werden in der Arbeitswelt ausgebeutet, anstatt Kinder zu bekommen und aufzuziehen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat eine zehnteilige Folge dazu geschrieben.

dienen

Wie die Form der Funktion, so folgt der Verdienst dem Dienen. Die Worte des Bedienten sollten so wichtig sein, wie die letzten Worte, die man im Leben von einem Menschen hört.

a…lochtest

Wie werden Menschen behandelt, die vom Handelnden als geringer, als weniger bedeutend eingestuft werden?

An einer amerikanischen Eliteuniversität bat ein Erstsemester einen berühmten Professor um eine Auskunft und wurde arrogant abgefertigt, ohne die nötige Information, um die er höflich gebeten hatte, bekommen zu haben. Als der Professor „XY“ danach zufällig erfuhr, dass der Vater dieses Studenten ein sehr reicher Mann und großzügiger Förderer der Universität war, änderte sich das Verhalten gegenüber dem Studenten radikal. Prof. XY war plötzlich hilfsbereit, höflich, ja freundschaftlich um diesen neuen, jungen Studenten bemüht.

Und Professor XY hatte den A…loch-Test zu 100% bestanden.

Christus sagte, was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.

[Geschichte aus einem Buch, das ich in einer Buchhandlung durchstöbert habe;
 leider ist mir weder der Verfasser, noch der Titel erinnerlich.]

askesen

Vier Übungsfelder (ἄσκησις: Übung, Training) haben in meinem Leben eine große positive Rolle gespielt:

  1. Auf das Gesäß hocken und lernen
  2. Sport
  3. Diät halten
  4. Soziale Kontakte üben

konzentration

Konzentration erfordert die Fokusierung der Kräfte auf das Wesentliche. Alles andere ist der Aufmerksamkeit und Anspannung nicht wert.

Neben der Hauptsache tritt der Rest zurück. Nur sie verdient Energie, den übrigen Feldern wird lediglich eine Minimum zu Teil.

widerstand

Jede Anstrengung, beim Lernen, in der Arbeit, während sportlicher Übungen, droht dann zu scheitern, wenn sich ein Widerstand zeigt. Die Überwindung würde Kraft fordern, die nicht vorhanden ist, oder die nicht investiert werden soll.

Faule Arbeiter machen ihre Sache solange es einfach läuft. Zeigen sich Schwierigkeiten, geben sie auf, führen die Sache nicht zu Ende. Sie erklären, dass es nicht geht. Eigentlich fehlt ihnen nur die Lust, sich anzustrengen, Probleme zu lösen, statt an Problemen zu scheitern.

kreisrund

Eine Kugel ist für die Bewohner eines gedachten zweidimensionalen Raumes ein Kreis. Wenn die Kugel sich durch die bewohnte Ebene der Zweidimensionier bewegt, erscheint sie zunächst als Punkt, dann als Kreis der immer größer wird und wenn er den Äquator überschritten hat, wieder schrumpft.

Man könnte also vom Standpunkt der Lebewesen im zweidimensionalen Raum aus sagen, dass ein kleiner Kreis aus dem Nichts entstanden ist, größer wurde bis er seine maximale Ausdehnung erreichte, und dann wieder schrumpfte bis er letztlich ganz im Nichts verschwand.

Die Kugel im dreidimensionalen Raum und der Zeit wahrgenommen, ist nicht aus dem Nichts entstanden oder verschwunden, sie hat sich während des Entstehens und Vergehens der Kreisscheibe nur bewegt. Die Kugel im dreidimensionalen Raum und der Zeit ist hierbei geblieben wie sie ist, sie ist weder entstanden, noch vergangen. Das sollte uns über den Charakter des Werdens und Vergehens zu denken geben.

Wie würde unsere Welt und Zeit in einer weiteren Dimension oder gar in mehreren weiteren Dimension wahrgenommen werden? Was wäre unsere Erfahrungswelt zum Beispiel in einem elfdimensionalen Raum?

zinnsoldaten

Mit dem Wissen wächst das Interesse. Wer über Zinnsoldaten nichts gelesen hat, der geht an ihnen achtlos vorbei. Wer allerdings, vielleicht aus Langeweile oder Neugier, sich Wissen über Zinnsoldaten angeeingnet hat, der bleibt vor einem Schaufenster mit diesen kleinen Figuren stehen, bewundert ihre Aufstellung in Schlachtordnungen, ihre Uniformen und Kriegsgeräte. Er zeigt Interesse und sein Wissen wächst weiter.

Muss man sich mit einem Thema beschäfigen, das nicht sonderlich interessant erscheint, sollte man sich zunächst einmal einlesen und informieren. Mit dem Wissen kommt dann das stärkere Interesse. So reift  bisweilen auch beim Knien und Beten die Frömmigkeit.

dünn

In großen Höhen wird die Luft dünn. Fast benötigt man ein Sauerstoffgerät. Auch Gesellschaft findet sich nicht, es ist einsam. Wenig Lebewesen halten diese kalten, unwirtlichen Bedingungen aus. Die Gemütlichkeit geht mit jedem Höhenmeter allmählich verloren.

Dabei gibt es durchaus Kommentare, Kritik und Zustimmung derer, die aus der Ebene den Bergsteiger mit ihren Ferngläsern und Fernrohren beobachten. So wie es Fersehfußballer gibt, so gibt es Fernglasbergsteiger.

Neid mischt sich ein, Missgunst und Sabotage, derer, die nicht so weit kommen und unten bleiben. Wer hoch steigt, muss sich nicht wundern, scharf beschossen zu werden. Er bildet ein gutes, klares Ziel. Die Freude der Geringeren bei jedem Treffer ist gewiss.

Darum, besser bleib einer mit der Menge in der Niederung der gemeinen Menschen und erspart sich das Schicksal, sofern er überhaupt Begabung und Kraft dafür hätte.

Wenige konnten nicht anders und stiegen auf, Friedrich Nietzsche war darunter, doch statt mit dem klaren Weitblick eines Bergpanoramas, endete er in Umnachtung, gepflegt von seiner Schwester und zeitweise vorgeführt wie ein Tier im Zoo.

echo

Große Ereignisse haben ihren Nachhall. Wer die Ohren spitzt, kann noch etwas vom ursprünglichem Klang in den Schwingungen der Lüfte vernehmen. In manchen Ohren, die wie Trichter geformt sind und aufgestellt werden können, auch bei Menschen, verstärken sich diese Geräusche der fernen Vergangenheit zu klarem, deutlichem Schall.

Hört man genau hin, so ist etwas seit zweitausend Jahren überdeutlich in der Luft und verfängt sich regelmäßig in meinen Ohren. Es ist das Einschlagen der Eisennägel in das Holz durch die Hände und Füße Gottes hindurch. Davor nehme ich noch die Geiselhiebe, wie sie auf den Rücken prasseln, wahr, dann noch das Straucheln und Fallen beim Aufstieg zur Schädelstätte.

Diese Akusmen durchdringen die Zeit und tragen die Stimmung und Botschaft, dass Menschen Gott grausam am Kreuz getötet haben. Er kommt zu den Menschen und die Menschen töten ihn, nach einem Prozess, nach Folter und Verspottung, nach versuchter Demütigung. Was anderes könnte vom homo sapiens zu erwarten sein.

selbstdisziplin

Wer Selbstdisziplin übt, befiehlt sich selbst. Er lernt klar zu befehlen und zu gehorchen. Er setzt sich beharrlich, tapfer und entschlossen über innere Widerstände hinweg.

Gute Befehle müssen die folgenden Merkmale haben:

1. Zeitform ist die Gegenwart

2. Konkret

3. Positiv formuliert

Z.B.: Ich schreibe den Brief an Herrn Kornblum.

Wird der Befehl nicht befolgt, weil der innere Schweinehund etwas anderes vor hat, muss er wiederholt werden, energisch, scharf und lauter werdend. Die innere Rede kann dabei in die laute Rede mit sich selbst wechseln. Das mag merkwürdig klingen, wenn jemand laut mit sich spricht, aber es ist besser diese Merkwürdigkeit in Kauf zu nehmen, als ohne Selbstdisziplin dahin zu treiben.

einlullen

Herausforderungen mobilisieren Kräfte, sie zwingen sich besser zu organisieren. Im Krieg kann der offene Kampf den Gegner stärken, paradoxer Weise selbst dann, wenn er total unterliegt. Jesus Christus unterlag am Kreuz und das Zeichen ist zur Erinnerung an diese vollständige Niederlage zumindest in Würzburg allgegenwärtig.

Der Redensarten sind viele in diese Richtung:

„πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστι.“ Heraklit. Fragmente, B 53.

„Der Nordwind macht die Wickinger.“

„Und woran erkennt man im Grunde die Wohlgeratenheit! Daß ein wohlgeratner Mensch unsern Sinnen wohltut: daß er aus einem Holze geschnitzt ist, das hart, zart and wohlriechend zugleich ist. Ihm schmeckt nur, was ihm zuträglich ist; sein Gefallen, seine Lust hört auf, wo das Maß des Zuträglichen überschritten wird. Er errät Heilmittel gegen Schädigungen, er nützt schlimme Zufälle zu seinem Vorteil aus; was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker.“ Nietsche. Ecce Homo – Warum ich so weise bin.

Der wirklich heimtückische Krieger fordert seinen Gegner nicht offen heraus. Er will eben diesen Effekt der Stärkung des Anderen vermeiden.

Der moderne Kampf mit allen Mitteln arbeitet zuverlässig an der Schwächung des Feindes durch Einlullung und Abschlaffung. Der Antagonist wird in Sicherheit gewogen. Seine Sinne werden beschmeichelt und nicht geschärft. Er bekommt Entertainment bis zum Überdruss. Fernsehen, Pornographie, Drogen, Reisen, Spiele und Spass bis zum Erbrechen. Er wird unterhalten, ohne viel Kraftanstrengung bekommt er seinen materiellen Unterhalt und sein Vergnügen. Unterhaltung hier in der doppelten Bedeutung von Lebensunterhalt und Thomas Gottschalk, panem et circenses.

Nicht nur werden die Hunde des Krieges nicht geweckt, sie werden eingeschläfert.

uniform

Der Uniformitätsdruck ist ein Neiddruck. Keiner soll besser sein und jeder will den anderen überrunden. Und wenn einer besser, so zum Beispiel reicher ist, dann wird er nieder gemacht, wenn man ihn erwischt. Deswegen verkleidet er sich, dass er so ausschaut wie alle, nicht auffällt und er macht sich dann noch aus dem Staub und trägt seinen kleinen Todesvogel auf der rechten Schulter.

So sieht man sie alle wie verrückt durch die Straßen rennen in Blue Jeans. Wie alle, hat jeder die Blue Jeans an, auch um den Kopf gebunden, als Unterhemd und Kravatte. Alle schnäuzten sich in Blue Jeans ihre Nase. Selbst der Rotz, den sie ausschnäutzen ist Blue Jeans, ist blaue Baumwolle mit Nieten.

literatur

Gute, hochrangige wissenschaftliche Literatur macht Arbeit. Sie ist kondensiert, gut gegliedert, sachlich und objektivierbar. Und in empirischen Wissenschaften setzt sie sich mit Daten auseinander. Sie reibt sich dadurch an der Wirklichkeit und wird überprüfbar.

Demgegenüber steht das Gewafel einer Sekundärliteratur, geistreicher Logoroe.

moralbegründung

Ein häufiger Topos der Rechtfertigung von Religion, genauer des katholischen Christentums, ist die Begründung von Moral.

Bemüht man allerdings dieses Argument, wird die Frage folgen, wie gut der Katholizismus diese Sache macht und weiter, wenn die Grundlegung von gutem Verhalten die Notwendigkeit der Religion erweist, dann wird konsequent nach der Religion auf dem Jahrmarkt der Möglichkeiten gesucht, die die Sache am besten kann.

Oder geht es ohne das Transzendente, kann Moral, und weiter Recht, begründet werden ohne Rekurs auf jenseits der Erfahrung liegende Horizonte?

Und dann fragt sich, wie ist der Effekt? Was bringt in der Tat gutes Handeln hervor? Aber zu dieser Frage gehört das Kriterium, was ist überhaupt gut? Und besonders interessant erscheint die Partei, für die etwas gut ist. Hierin differiert die Unterscheidung Nietzsches von Herren- und Sklavenmoral.

anfangshürde

Das Anfangen unangenehmer Aufgaben ist das Schwerste. Wenn es erst einmal läuft, sind die Schwierigkeiten geringer.

Das Vorsichherschieben des Anfangs ist ein Problem. Wie kann man es lösen?

Ganz einfach, man nimmt sich extrem leichte Dinge für den Anfang vor. Wirklich ganz leichte Dinge. Die schweren Teile hebt man sich für später, wenn man sich schon warm gearbeitet hat, auf.

Also, die erste Hürde ganz, ganz niedrig legen, wirklich niedrig, nur einen Hauch über den Boden, so, dass man ohne die geringste Mühe den ersten Schritt tun kann. Der Rest läuft dann (fast) von alleine.

spirituell

Spiritualität erscheint in Graden und Qualitäten.

Literatur kann mehr oder weniger spirituelle Inhalte haben, sie kann als spirituelle Literatur zum Besten zählen, wie Homer oder die Bibel oder literarische spirituelle Ergüsse können der größte Mist sein.

Spiritualität findet sich auch in unerwarteten Genres, wie naturwissenschaftlichen oder mathematischen Arbeiten.

Es erscheint wie im Leben, so auch in den Darstellungen, in den Zeichensystemen, Spiritualität nicht als Schwarz-Weiß-Kontrast. Es sind nicht einmal verschiedene Grauabstufungen. Die Metapher der Grautöne benutzt beispielsweise Bleuler, wenn er schreibt, dass zwischen Wahnsinn und Gesundheit nur Grauabstufungen vorkommen, nicht, oder nur sehr selten gäbe es reines Weiß oder Schwarz.

In der Metapher der elektromagnetischen Wellen gesprochen, leuchtet Spiritualität in allen Farben des Spektrums und darüber hinaus auch als Bereich von nicht sichtbaren Strahlen, infrarot und sozusagen ultraviolett. Diese Strahlung zeigt sich mal stärker, mal schwächer, im Leben und in den darstellenden Hervorbringungen der Menschen in Wissenschaft, Religion und nicht zuletzt in der Kunst.

Darüber hinaus wird die geistige Überschreitung des Verstandes als Spiritualität in der Alltagserfahrung bezeichnet als Intuition, als Gefühl, als Ahnung und Anmutung. Die Grenzen zur Rationalität sind fließend und so geht die Rede über die Aufklärung als Prozess, die Dämmerung oder die Morgenröte.

vertikalspannung

Als „Vertikalspannung“ bezeichnet Peter Sloterdijk die Rangunterschiede zwischen Menschen. Diese werden durch Übung, durch Training vergrößert oder auch verringert, jedenfalls führt Training nach oben und der Gemeinplatz sagt, Übung macht den Meister.

In seiner Abhandlung „Du mußt dein Leben ändern – Über Anthropotechnik lässt Sloterdijk jedoch Wesentliches außer Acht. Einmal ist nicht alles eine Sache des Trainings, das Erbe, ob genetisch, kulturell und allgemein die vorgefundenen Bedingungen sind durch Training wenig zu beeinflussen.

Eine weitere Auslassung ist das Training in sozialen Bezügen. Sloterdijk referenziert Übung in seinem Buch auf den Einzelnen. Interessanter ist aber die Übung als soziale Interaktion. Das beginnt mit der Familie, in der Kindergartengruppe, in der Schule, in der Sprachgemeinschaft, in der religiösen Gemeinde, im Sportverein bis hin zum Internet als virtueller Weltgemeinde.

Eine Aporie, die erwähnt werden müsste, ist die Blindheit der Evolution, gemäß der herrschenden Theorie. Man kann zwar mit Nietzsche behaupten, dass die Schwachen, Kranken, die Zukurzgekommenen, die minderwertigen Herdenmenschen und ihre Führer sich durchgesetzt haben. Aber nach dem Prinzip der Selektion sind dann auch die Schwachen, wenn sie sich durchgesetzt, erhalten und vermehrt haben, die Starken. Und vermeindlich starke Menschen, die in der Selektion untergehen, sind nach diesem Kriterium eben nicht stark, sondern schwach.

aufgeregt

Es ist letztlich doch erschreckend, wie aufgeregt mancher in bestimmten Situationen reagiert. Wie nervös, mit zittrig erregter Stimme sich einer in öffentliche Gespräche einlässt, wie unsicher und deprimiert ein anderer nach juristischen Angriffen anmutet, selbst wenn an der Sache nicht das geringste dran ist.

Die Erregtheit, die Nervosität, das Laute und das hohe Energieniveau der Aufgeregtheit sind schädlich für den Akteur und das unbeteiligte Publikum. Nützlich ist die gesteigerte Erregtheit lediglich für die Gegner, denn sie gewinnen an relativer Stärke.

Ruhe, Gelassenheit und Kaltblütigkeit stehen dem entgegen. Eine stoische Haltung und Augenmass, das die Angelegenheit in ihren wirklichen jeweiligen Größenverhältnissen und nicht aufgebläht erscheinen lässt, sind ein Antidot.

Die Grundlage echter Gelassenheit bis hin zur Gleichgültigkeit ist eine transzendente Versicherung über alle Endlichkeiten hinaus. Das kann geübt werden und betrifft nicht nur die geistigen Vollzüge, sondern den ganzen Körper und nicht nur das, sondern diese Rückbindung (= religio) schließt die Gemeinschaften, die kulturellen und natürlichen Umgebungen mit ein.

Eine Probe für wirkliche Religion ist somit die transzendent gegründete, unerschütterliche Gelassenheit.

tod

Der Tod Gottes ist keine atheistische Metapher. Vielmehr setzt der Tod ja ein vor dem Tod liegendes Leben voraus. Gott lebte demnach und starb dann und war schließlich tot.

Das aber ist keine Geschichte von gottlosen Geistern, von Agnostikern und Atheisten erzählt. Das ist die Geschichte im neuen Testament. Das Leben Gottes, das Sterben und der Tod, nach dem Tod allerdings die Auferstehung.

Vernünftig betrachtet ist das eine Ungeheuerlichkeit. Gott stirbt und ist tot. Zudem stirbt Gott nicht einfach so an Altersschwäche oder an einem Herzinfarkt. Gott wird von Menschen auch nicht heimtückisch ermordet, sondern er wird in einem Gerichtsverfahren mehr oder weniger ordentlich zum Tode verurteilt. Das muss man sich einmal vorstellen, Menschen verurteilen Gott zum Tode. Zu allem Überfluss wird auch noch das Volk befragt. Das Volk wünscht aber nicht die Begnadigung Gottes, sondern die eines Schwerverbrechers. Um alles noch auf die Spitze zu treiben, wird Gott von seinen treuesten Anhängern verraten, verkauft, verleugnet und im Stich gelassen.

Die Todesstrafe wird an Gott vollzogen. Der Tod Gottes am Kreuz ist seither das Symbol einer großen Religion. Der Tod Gottes am Kreuz durch Menschenhand, durch Verrat, Niedertracht, Gemeinheit, Feigheit … befördert. Das ist das Unfassbare, das Ungeheuerliche schlechthin. Das ist derartig, dass es geglaubt werden kann und dass sich der Glaube mit zunehmender Menschenkenntnis festigt.

entscheidung

Wenn sich eine Situation zuspitz, schwieriger wird, müssen Entscheidungen getroffen werden. Die Durchsetzung der Entscheidungen fordert und übt die Kräfte. Das Ergebnis kann, muss aber nicht eine Verbesserung sein.

Das ist der Sinn von Krisen und die Wortherkunft, κρίσις, entspricht der Entscheidung.

So kann Leid in der Tat nicht nur eine Prüfung unserer Kräfte bedeuten, sondern auch eine Stärkung, indem wir uns anstrengen müssen, aus dem gewohnten Trott herausgehoben werden und dadurch vielleicht grundlegen zum Besseren gelangen.

lektüre

Als Jugendlicher wachte ich selbst streng über die Schiften, die ich las. Ich wollte mich nicht durch schlechtes Zeug verderben. Hierbei hatte ich nicht Anzügliches im Sinn, sondern einfach mindere Qualität. Mir war bewusst, dass die Lebens- und Lesezeit begrenzt ist.

Wenig später kam mir dann noch die Einsicht, dass nicht nur das Was, sondern vor allem auch das Wie des Lesens bedeutend ist.

Man wähle seine Lektüre eigenverantwortlich mit Bedacht und man lese gründlich, mache sich Notizen, schreibe selbst und sei hartnäckig und ausdauernd und dann vor allem noch produktiv.

paulus

Das Christentum ist beinahe falsch benannt, man könnte mit einigem Recht, das sei im „Paulusjahr“ gestattet, es auch Paulismus nennen. Denn so wie Jesus sich als Jude sah und die genaue Einhaltung jüdischer Gesetze anmahnte, so ging Paulus darüber hinaus und öffnete dem Christentum die Weltmission und -herrschaft.

Wenn der antike Staat Götter hatte, so trat das Christentum mit einem absoututen Gott weit mächtiger auf. Es konnte Konkurrenz und später Staat machen. Die Einsicht erhellte auch römische Kaiser und danach noch viele. Die Befreiung von dieser christlich gestützten Macht aus Gottes Gnaden war auch immer antireligiös, aufklärerisch.

Nicht ausbleiben konnte dabei, dass gute Traditionen, gute Sitten, gute Moralvorstellungen und Riten und Gewohnheiten mit aufgegeben wurden und sich kein angemessener oder gar besserer Ersatz dafür finden ließ.

irrational

Im konservativen Denken ist es durchaus üblich, sich auf das Irrationale, das Außerrationale, das Nichtbegründbare zu berufen. Nur ist es oft auch sinnvoll die Rationalität so weit zu treiben, wie sie trägt und dann das Außerrationale zu konstatieren. Die rationale Gestaltung des Außerrationalen ist sehr kurz gefasst, es ist das „trans“ und fertig. Es darf nicht zur Bequemlichkeit werden, die Nachdenken erspart.

reisen

Kant reiste nie und blieb zeitlebens in Königsberg. Hegel stellte sich schrecklich an und wollte ebenso nicht verreisen. Selbst Goethe, der umfangreichere Reisen unternahm, kehrte nach einem Kutschenunfall während seines letzten Reiseversuchs um und fuhr wieder nach Hause. Heidegger reiste wenig und besuchte erst spät Griechenland, auf das er sich philosophisch oft bezog. Und Nicolás Gómez Dávila blieb sein Leben lang, Jugendjahre in Paris ausgenommen, in Bogota.

Reisen mag bilden, aber offenbar nicht philosophisch. Die denkenden Autisten interessieren sich nicht für die vorüberziehenden Landschaften, die wechselnden Eindrücke von Menschen und Lebensverhältnissen. Sie lockt nicht die erotische Aussicht im Fremden. Der Überfluss an Mannigfaltigkeit im sinnlich Konkreten ist ihnen eher langweilig und sie werden statt dessen angezogen von den Höhen der Abstraktion.

schlecht

Die Klage, so lautet ein Topos, über schlechte Manieren ist ein Teil derselben. Und auch die Bemühung um Stil und Umgangsformen zeigt einen Mangel.

Zudem ist Ehrgeiz verbreitet und ein Schielen nach höherem Rang und dessen Zeichen.

Wie wäre es dagegen sich eine Rangstufe nach unten zu orientieren, sozusagen als Gegengift für falsches Prestigestreben.

Noch besser wäre die sichere Einnahme des wirklichen Ranges mit allen Zeichen und Selbstverständlichkeiten. In einer durch den Wechsel der Moden bewegten Zivilisation ist allerdings die Sicherheit verloren gegangen, den rechten Platz in der Gemeinschaft zu treffen.

Und die Verschleierung der wirklichen Herrschaft durch eine Gleichheitsideologie macht das Denken und Handeln in Rangordnungen unpopulär.

Doch auch hier zerbrechen an der Wirklichkeit Ideologien und die Lüge von der Gleichheit entlarvt sich durch die Gleicheren unter den Gleichen.

Natürlich unter den Menschen sind unterschiedliche Ränge an Kraft, Schönheit, Weisheit, gesellschaftlicher Stellung, Autorität …

gemurmel

Wer sich mit einem alten Weib, das in einem Winkel der Kirche seine Gebete murmelt, vergleicht, ist anmaßend.

Als Glied des Körpers Christi ist die alte Frau nach der Trinitätslehre ein Teil Christi und dadurch ein Teil Gottes. Und als Teil Gottes ist sie allmächtig, ewig, allgütig, allwissend und alles durchdringend, erschaffend und erhaltend.

Der nur auf den ersten, flüchtigen Blick einem understatement ähnelnde Vergleich, ist bei genauem Hinsehen die schlichte Feststellung, in aller Frömmigkeit, ein Teil Gottes und damit Eins mit dem Allmächtigen zu sein.

Wenn das zutrifft, und in der Gotteskindschaft der Katholiken wird es so bedacht, und wir wollen es glauben, dann ist diese Anmaßung gerecht und maßvoll.

Der Vergleich ist angemessen, seine Bedeutung nicht sofort offensichtlich aber nun klar.

noten

Es sind die jeweiligen, üblichen, bestehenden Gebote, Gesetze und anerkannten Maximen zu befolgen. Aber das mit Augenmaß, ohne Über- und Untertreibungen, weder mit Nachlässigkeit, noch überkorrekt, weder pharisäerhaft noch allzu lässig. Die Befolgung bewegt sich im Rahmen des Üblichen, des anerkanntermaßen Schicklichen und der guten Sitten. Hierbei werden die dem wirklichen, nicht dem angemaßten, Rang entsprechenden Regeln genommen. Diese am Rang orientierten Handlungsmaximen sind ein wesentlicher Unterschied zwischen der konservativen und einer egalitären, sozialdemokratischen Weltanschauung.
Das Bestehende hat, besonders wenn es schon lange da ist, den Vorteil der Bewährung. Bei Neuem muss es sich erst noch zeigen, ob es in der Wirklichkeit etwas taugt. Die Vernunft kann zwar leicht Vorstellungen produzieren und sich allerhand Veränderungen ausdenken, die dem Gedanken nach Vorteile versprechen. Nur die Wirklichkeit ist endlos komplexer und kann durch Vorstellen nur unvollständig und fehlerhaft erfasst werden. Und Neuerungen, die als Ideen Vorzüge gegenüber dem Wirklichen haben, können, wenn man sie denn überhaupt in der Wirklichkeit umsetzen kann, zu katastrophalen Verschlechterungen, verglichen mit dem Bisherigen, führen.
Wenn sich die Verhältnisse ändern und das Hergebrachte und die Tradition nicht mehr zu taugen scheinen, dann sollte ruhig in der Vergangenheit zunächst einmal nach bewährten, bisweilen fast vergessenen, Lösungen für ähnliche Probleme gesucht werden. Und wenn wirklich etwas Neues notwendig ist, dann ist es eine Frage der Klugheit, des Augenmaßes, dieses Neue behutsam, vorsichtig und in möglichst kleinen Schritten auszuprobieren und erst nach tatsächlichen Erfolgen in der Realität und nicht nur in der Vorstellung oder auf dem Papier, eine Verwirklichung im größeren Maßstab zu wagen.

biopositiv

Der Begriff stammt aus der Ethik Albert Schweitzers. Nicht, dass ich die Auffassungen dieses großen Mannes übernehmen würde. Sein Projekt in Lambaréné scheiterte auf längere Sicht, vermutlich auch aufgrund von Mängeln in seiner moralischen Konzeption.

Aber „biopositiv“ ist eine nützliche Bezeichnung für all das, was das Leben der Menschen über Generationen hinweg erhält, fördert und vermehrt.

Die katholische Ethik, man mag über die Dogmatik denken was man will, die Ethik ist lebenserhaltend und -fördernd. Und sie ist es heute in einem Maß, das sonst nicht mehr zu finden ist.

Die katholische Moral lenkt die Sexualität hin zur Liebe in der Ehe und hin zur Fortpflanzung. Sie ist für unbedingte Treue, für Keuschheit, gegen Homosexualität, gegen Pornographie und Prostitution, sie schützt das ungeborene Leben, sie ist gegen Empfängnisverhütung, gegen Geburtenkontrolle und fördert Familien.

Die katholische Ethik ordnet das Miteinander der Menschen, lehrt Vergebung und Nächstenliebe bis hin zur Feindesliebe. Sie richtet sich mutig gegen die Zerstörung der Menschen, gegen Schäden am Gemeinwesen.

erklären

Das Alles glauben erklären zu können, der naive Naturalismus, der nur die von ihm für innerweltlich gehaltenen Explikationen anerkennt, wird sich verwundert die Augen reiben im Angesicht des Geheimnisvollen, des Übermächtigen der Naturwissenschaften.

In den weit von unseren Lebenswelten entfernten Räumen dieser Theorien begegnet das Ganz Andere, nicht nur als nebelhafte Vorstellung von etwas jenseits unseren Alltagshorizontes, sondern das Ganz Andere ist exakt, beschreibt seine Folgen, bestimmt was unter der Annahme des jeweiligen Modelles messbar sein sollte und macht Voraussagen, die, wenn sie nicht zutreffen, das Modell in den Papierkorb wandern lassen, weil es unbrauchbar ist.

Ich kann mir nicht helfen, aber die Wissenschaften haben mindestens so viele religiöse Momente, wie die heilige katholische Kirche.

wahl

Wilfried Fritz Pareto, oder italienisch, Vilfredo Pareto, interpretierte die Geschichte der Menschen als Wechsel der herrschenden Eliten, als Fiedhof der führenden Gruppen.

Möchte man wirklich die Besten, die eigentliche Aristokratie, an der Spitze einer Gesellschaft wissen, so darf diese Elite nicht selbst ernannt sein und die Macht usurpieren, sondern sie muss sich bei Wahlen anderen konkurrierenden Eliten stellen. Und auch nach den Wahlen darf der Wettbewerb um die besten Lösungen nicht enden, vielmehr muss er fair und frei ausgetragen werden können. Das zeigt, dass wirkliche Demokratie eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung dafür ist, dass die Besten herrschen und zwar kontrolliert, auf Zeit und der freien Konkurrenz ausgesetzt.

Wer dagegen, wie in einer Diktatur, die Opposition ausschaltet, zeigt Schwäche, traut sich nicht zu, im fairen Kampf zu siegen.

stundengebet

Nicht dass ich selbst das Stundengebet einhalten würde, dazu bin ich zu ungläubig, zu sehr Agnostiker. Aber die Ordnung beeindruckt mich und ich finde sie  gut.

Wie alle strengen Formen nämlich, die der Bequemlichkeit entgegenstehen, ordnet das Stundengebet den Tag und steigert die Kräfte der Menschen.
Es soll ordnen und ausrichten jedoch nicht zu viel Zeit und Kraft absorbieren.
Hier gilt es, das rechte Maß zu finden, zwischen einem zu wenig an Ritus, an Ordnung und religiöser Disziplin und andererseits einer Übertreibung der (frommen) Praxis, bei der andere Lebensäußerungen zu kurz kommen.
Mathematisch ausgedrückt ist das ein Optimierungsproblem.
Wird zu wenig gebetet, kann diese Laxheit auch sonst zu Faulheit, Schlendrian und Unordnung führen. Betet man dagegen zu viel, führt das in ähnlicher Weise zu einer Vernachlässigung wichtiger Dinge, wie der Erwerbsarbeit, dem Austausch mit Menschen und hier besonders der Familie. Aber auch die Zeit für Sport, Lesen, Musik, Schreiben usw. wird durch zu viel Beten unmäßig verkürzt.

kirchenkunst

Die religiöse Kunst zeigt wie es heute um das Christentum steht. Die religiöse Kunst ist größtenteils keine, sie ist Verfallsform, weit entfernt von der gothischen Kathedrale und den Fresken Michelangelos.
Heute findet kirchliche Kunst als ein Nachäffen moderner Strömungen und Stilrichtungen statt oder nur noch als Kitsch.
Der im Grunde fehlende wirkliche Glaube tritt in Erscheinung als Stümperei im Ästhetischen, als fehlende geistige Durchdringung, als handwerklicher Mangel und als schlichte Geschmacklosigkeit.

geschert

Das Rasieren, das Scheren war früher Zeichen der „Häuslinge“, die ihr Leben in Abhängigkeit auf einem Bauernhof verbringen mussten und nicht heiraten durften.

Bei mir selbst erzeugt die Rasur ein Wundsein der Haut. Auch der Haarschnitt führt meist zu einer leichten Erkältung, woran man sieht, dass Haare schützen, nicht nur vor Kälte, auch vor Hitze, man bedenke die Gefahr starker Sonneneinstrahlung für einen Glatzkopf. Haare schützen auch vor Wind, Feuchtigkeit und kleinen Verletzungen.

Also, warum sollte man wie ein Gescherter herumlaufen? Der frei Mann trug zumindest früher langes Haar und einen Bart.

Und nicht zuletzt haben wir im christlich geprägten Abendland ein Bild des Erlösers, das selten ohne Bart und langes Haupthaar ist.

arbeiterkunst

Was mich zunächst doch immer wieder wundert, ist das Fehlen der normalen Arbeitswelt als Sujet der Kunst, wie auch der Unterhaltungsbranche.

Die Heldinnen und Helden tun alles Mögliche, nur sie werden nicht ausführlich bei einer ganz normalen Erwerbstätigkeit dargestellt. Und die Arbeit ist es doch, die einen großen Teil des Alltags bei den meisten Erwachsenen ausmacht. Warum ist sie dann nicht Thema in Kunst, Kultur und Unterhaltung?

Ist die Arbeit zu unangenehm? Ich denke nicht. Und zudem sind viele Themen der hohen und trivialen Kunst nicht angenehm. Es geht um Verbrechen, Krieg, Krisen und viellerlei mehr Konflikte und Probleme. Nur der Arbeitsalltag beleibt ausgespart. Er ist der weiße Fleck auf der Landkarte der Kunst, die terra incognita.

Ist der Alltag überhaupt „kunstfähig“, bedarf es für die Kunst außeralltäglicher, besonderer und spannender Ereignisse, die uns gerade aus dem Alltäglichen herausführen?

Wohl kaum, denn Kunst ist nicht so sehr am Inhalt, wie an der Form, an der gelungenen Art und Weise der Darstellung festzumachen. Und die Vielschichtigkeit der Arbeitswelt böte bei genauer Betrachtung genügend Stoff.

Außergewöhnliche Ereignisse passieren auch im Erwerbsleben und zudem sollte Kunst nicht im Sinne der Flucht, des Eskapismus aus dem Leben heraus führen, vielmehr sollte sie, wenn auch bisweilen über Umwege, das Verständnis für unser Leben bereichern und somit weiter in unser Leben hineinführen.

Kunst ist in einem leicht hinterhältigen Sinn eine „Einführung ins Leben“.

Diese Formulierung, z. B. „Einführung in die Algebra“, lässt nämlich zunächst ein unschuldiges und langsames Heranführen an die Sache vermuten. Aber hinter diesen harmlos und propädeutisch wirkenden Titeln verbirgt sich dann in der Tat, zumindest bei wissenschaftlichen Lehrbüchern, die ganze Thematik selbst und nicht nur ein behutsames Hinführen.

In diesem Sinne, der Darstellung des Ganzen, ist die Kunst, auch erzieherisch für alle Altersgruppen eine Einführung ins Leben. Sie ist nicht und soll nicht eine Wegführung vom Leben sein. Eine Flucht aus der Lebenswelt ist nicht Kunst, sondern Kitsch, ist nicht eine Klärung des Verständnisses der Realität, sondern Eskapismus, ist Verneblung, ist Droge, ist Flucht aus der Wirklichkeit.

Somit gilt der Appell und das Ziel: hinein ins Leben, hinein in die Arbeit und hinein in die künstlerische Darstellung der Arbeitswelt.

Ein Hürde mag sein, dass Künstler keiner üblichen Erwerbsarbeit nachgehen. Sie benötigen die Zeit, die „Muße“ für die Kunst. Aber darin besteht die Forderung an wirkliche Kunst, sich in das Hineinzuversetzen, was man selbst nicht authentisch erlebt hat, nicht nur Autobiographisches hervor zu bringen, nicht im Stil eines Tagebuches zu verharren, es sei denn das Tagebuch wird von einer ganz anderen Person geschrieben, und es handelt sich somit nicht um eine authentisches, sondern um ein fiktives Journal.

wesentlich

Äußerlichkeiten sind es definitionsgemäß nicht. Also muss man sich nicht groß um sie kümmern, nur das Notwendigste besorgen.

Für Entertainment gilt noch mehr, es ist überflüssig.

Alle Laster sind ebenso unnütz und Zeitverschwendung.

Weniger ist mehr, und wir beschränken uns nur auf das Wichtige, Gute, Bleibende.

Die Religionen, besonders das ernsthafte, konservativ, katholische Christentum könnten hierin ein Vorbild sein. Christus sprach, soweit zumindest die Überlieferung, von einer Endzeit. Und in der Vorbereitung auf die Endzeit fällt das Nebensächliche, Eitle, Lasterhaft fast von alleine weg. Es bleibt das, was wirklich zählt, das Wesentliche.

stoisch

Die Meisten werden in eine Religion hineingeboren, und mittlerweilen verlassen sehr viele diese geistliche Obdach.

Aber wenige, zumeist die fittesten Männer, vermögen ein Leben lang stoisch in der Obdachlosigkeit zu verweilen. Die spirituelle Kälte, die Nüchternheit, der Skeptizismus und Agnostizismus sind auf Dauer schwer erträglich. Diese Stoiker bilden eine Elite.

Die Anderen suchen wärmende Vorstellungen, bisweilen fast brünstig Unterschlupf, Geborgenheit und das Vertraute. Sie finden den Halt, den sie in den Kirchen verloren haben, in Ersatzreligionen. Diese bieten Lösungen der „Welträtsel“ und Anworten auf die lästigen Sinnfragen.

idylle

Die ländliche Idylle stirbt an bösartigen Geschwüren, die sich vor allem an ihren Rändern zeigen. Sie zersetzen die gewachsene natürliche, landwirtschaftliche und architektonische Schönheit durch ihr invasives, destruierendes und metastasierendes Wachstum.

Dabei hätte das Dorf, der Einsiedlerhof und die Kleinstadt weit ab von Metropolen Vorbilder genug im Natürlichen in Verbindung von dem durch Menschenhand über Jahrhunderte in strenger Tradition und regionaler Färbung Geschaffenen. Aber diese vorliegende Schönheit wird nicht erfasst, die Gegebenheiten in ihrer ästhetischen Stimmigkeit nicht erkannt. Das verwundert den Betrachter zunächst.

Dennoch führt das alltägliche Sehen, der selbstverständliche Umgang mit schönen Dingen nicht notwendig zu deren Verständnis. Die Empfindung des Angenehmen erfordert Schulung und Muße. Der stumpfe, abgearbeitete Blick kann es kaum erfassen. Besser wird es durch stundenlangen Konsum der Fernsehprogramme nicht.

So findet sich auch in der Geschichte von Philosophie und Wissenschaft eine lange Tradition der Skepsis, eine Kritik des Ungenügens bloßer sinnlicher Eindrücke ohne das daran geknüpfte Denken und Empfinden.

φύσις κρύπτεσθαι φιλεῖ. (Heraklit 123)

Die Natur, hier des Schönen, liebt es sich zu verbergen. Sie zu entbergen erfordert Kraft, Erziehung und Talent.

Das wird nur von wenigen geleistet werden können. Diese brauchen das Recht, die Einsichtslosen zu leiten. Die Führung durch eine Elite der Architektur, Landschafts- und Siedlungsgestaltung wäre nötig. Gewinnen durch die strenge, traditionsgebundene Leitung einiger würden alle.

anerkennung

Der im Wettbewerb Siegreiche hat die Anerkennung der Zuschauer, vielleicht aber auch den Neid der Mitkombattanten.

Lediglich den erschlichenen Sieg missgönnt auch das Publikum.

So ist es mit anderen Arten der Vorzüglichkeit, des hohen Ranges. Die Unbeteiligten anerkennen und schätzen ihn, wenn er rechtmäßig erlangt wird. Sie missbilligen legitimerweise den vorgespielten, den angemaßten, den unverdienten, erschlichenen, auch den ererbten und nicht aus eigener Kraft erworbenen Rang.

So hat die Masse ein gutes Gespür für echte Führung, sie anerkennt, ja sie bewundert und liebt diese bisweilen sogar.

Dagegen wehrt sie sich gegen das Angemaßte, das Erschleichen von Privilegien durch Machtpositionen, das Getue einer Pseudoelite, die sich im Rampenlicht gefällt ohne wirkliche Leistungen zu vollbringen. Allerdings stumpft die Mehrheit gegen diese Usurpatoren einer hohen Position allmählich ab, zu häufig ist das Phänomen.

Aber darin liegt auch die Möglichkeit wirklicher Vorzüglichkeit, die wie aus dem Nichts erscheinen kann und den Menschen wie eine Erleuchtung begegnet, wie etwas lange Vermisstes und beinahe unbewusst ersehntes. Das Messianische der wirklichen Vorzüge, des echten Ranges überzeugt unmittelbar.

Nur gegen Mitbewerber und deren Neid muss sich wahre Vorzüglichkeit in Acht nehmen, sonst landet sie „am Kreuz“. Aber selbst nach dem Kreuz kommt Ostern und die Hoffnung ist nicht verloren.

schulaufsatz

In unserer Gymnasialzeit verwandten wir für den Aufsatz die folgenden Elemente:
•    die Stoffsammlung,
•    die Gliederung,
•    den Entwurf und
•    die Reinschrift mit
•    der abschließenden Korrektur.
Das war sehr gut und weit besser als das bloße Drauflosschreiben, dem ich heute gelegentlich unter Zeitdruck nachgehe.

Schade, dass die Kunst des Aufsatzes, anders als in Frankreich, bei uns nicht gepflegt wird. Politiker und andere Eliten könnten zeigen, ob sie lediglich Sprachrohre sind, oder ob sie  unter Prüfungsbedingungen selbst etwas zu sagen wüssten und dieses auch formal gut ausdrücken könnten.

Frankreich pflegt eine Kultur seiner Sprache von der Deutschland für sich profitieren könnte. Der soziale Rang wird dort nicht so sehr über Vermögen, Kleidung, gesellschaftliche Kontakte als über das sprachliche Niveau bestimmt. Auch England differenziert die sozialen Klassen über die Sprachkompetenz.

heidegger

Heidegger stand bei der Veröffentlichung seines frühen Hauptwerkes „Sein und Zeit“ unter Druck. Er schielte auf einen Freiburger Lehrstuhl, hatte aber an Veröffentlichungen nicht viel zu bieten. Also zog er ein Fragment aus der Schublade, nannte es wie bekannt und versah es mit dem Zusatz der Ankündigung blieb, „erster Teil“. Der „zweite Teil“ kam nie.
Wenn deutsche verbeamtete Philosophieprofessoren in Not sind, tun sie merkwürdige Dinge. Sind sie aus dem Schneider, geht alles wieder seinen ruhigen Gang. Der ruhige Gang aber dürfte die Leistungen nicht fördern. Er führt eher zu dem, was Konrad Lorenz die „Verhausschweinung“ titulierte. Eine Wildsau ist im Gegensatz zum Hausschwein stärker, klüger, robuster, schneller und fruchtbarer.
Warum werden in Deutschland die Lehrer und darin inbegriffen auch die Hochschullehrer verbeamtet? Sollen sie verhausschweinen, sich geborgen und versorgt fühlen und abschlaffen in der verbeamteten Bequemlichkeit?
Was wäre aus Heidegger als Wildsau geworden?
In einem späten Filmausschnitt ahnt man bei diesem deutschen Gelehrten sein schlechtes Gewissen, man bemerkt den schuldbewußten Blick, die Angst, dass die großsprecherische Rabulistik durchschaut wird und ein kleiner Staatsbeamte mit hohem Pathos zum Vorschein kommt.

ochlokratie

In einer repräsentativen Demokratie, wie der der Bundesrepublik Deutschland, zählt bei den Wahlen die Mehrheit der Stimmen. Die Masse der Wähler wird propagandistisch hofiert. Aber auch und besonders die Interessen kleiner und dafür um so einflussreicherer Gruppen werden bedient. So macht das Gemeinwohl, das an den Interessen aller, besonders aber auch der zukünftigen Generationen orientiert ist, dem Eigennutz und der Habsucht Platz.

Die politische Theorie hat dafür einen Begriff, der heute kaum noch bekannt ist. Die Ochlokratie bezeichnet diese Verfallsform der Demokratie. Ochlokratie leitet sich ab von ὄχλος (óchlos) – (Menschen-)Menge, Pöbel, Masse, sowie κρατία (kratía) – Herrschaft). Sie ist die korrumpierte Form der Demokratie.
Platon handelt von ihr (Platon, Politikos, 292a), ebenso Aristoteles (Nikomachische Ethik, 1160a) und Polybios (Geschichte, 6).

[7]  πρώτη μὲν οὖν ἀκατασκεύως καὶ φυσικῶς συνίσταται μοναρχία, ταύτῃ δ᾽ ἕπεται καὶ ἐκ ταύτης γεννᾶται μετὰ κατασκευῆς καὶ διορθώσεως βασιλεία. [8]  μεταβαλλούσης δὲ ταύτης εἰς τὰ συμφυῆ κακά, λέγω δ᾽ εἰς τυραννίδ᾽, αὖθις ἐκ τῆς τούτων καταλύσεως ἀριστοκρατία φύεται. [9]  καὶ μὴν ταύτης εἰς ὀλιγαρχίαν ἐκτραπείσης κατὰ φύσιν, τοῦ δὲ πλήθους ὀργῇ μετελθόντος τὰς τῶν προεστώτων ἀδικίας, γεννᾶται δῆμος. [10]  ἐκ δὲ τῆς τούτου πάλιν ὕβρεως καὶ παρανομίας ἀποπληροῦται σὺν χρόνοις ὀχλοκρατία. (Polybios, Geschichte, 6)

Begriffe sind die Werkzeuge des Denkens. Fehlen sie, fehlt auch die Reflexion. Ochlokratie ist auch zeitgenössisch eine bedeutende Kategorie, deren Gegenstand es, auch in gradueller Ausformung, zu erkennen und abzuwehren gilt.